Verhalten

Gehörlose Katzen

Gehörlosigkeit bei Katzen kann verschiedene Ursachen haben. Zum Beispiel eine akute oder chronische Erkrankung im Ohr, oder aber auch eine altersbedingte oder angeborene Gehörlosigkeit.
Reinweiße und blauäugige Katzen sind deutlich häufiger angeboren gehörlos als andersfarbige Katzen. Diese Gehörlosigkeit ist vermutlich auf die Gene der Katzen zurückzuführen. Das Gen, welches für die weiße Fellfarbe verantwortlich ist, kann auch für die Gehörlosigkeit verantwortlich sein. Wie der genaue Vererbungsmodus für die Gehörlosigkeit bei blauäugigen/reinweißen Katzen abläuft, ist noch nicht richtig erforscht. Es wird vermutet, dass ein bestimmtes Gen für die Fellfarbe sowie auch für die Gehörlosigkeit verantwortlich ist. 

Tauben weißen Katzen fehlt oft das Corti-Organ (Gendefekt). Corti-Organ nennt sich die Schnittstelle in der Schnecke des Innenohrs, wo die akkustischen Schwingungen weitergeleitet werden. Fehlt es, kommen die Geräusche nicht da an, wo sie ankommen sollen.
Die anderen Sinne (sehen, riechen, etc.) dieser Katzen sind dafür häufig sehr geschärft.

Diese Tatsache bringt Besonderheiten mit sich:

  • gehörlose Katzen vokalisieren (miauen) oft sehr laut, da sie sich selbst nicht hören können
  • sie erschrecken sich oftmals sehr schnell
  • einige Katzen probieren sehr viel aus, z. B. das Herunterwerfen von losen Gegenständen
  • häufig haben sie ein Kommunikationsproblem mit Artgenossen (sie hören ja nicht, wenn z. B. eine andere Katze faucht)
  • Freigang sollten diese Katzen nur bekommen, wenn ihnen ein “ausbruchssicherer” Garten oder Freigehege zur Verfügung steht

Die Gehörlosigkeit kann Probleme im Zusammenleben mit sich bringen, und sollte beim Menschen besondere Berücksichtigung finden. Diese Katzen erschrecken oft und fühlen sich sicherlich auch oft unsicher. Möglich sind auch Probleme bei der Zusammenführung mit Artgenossen. Auch kann das laute Vokalisieren für Probleme mit den Nachbarn sorgen.
Um diesen Katzen Sicherheit zu geben, ist eine strukturierte und immer ähnlich ablaufende Tagesroutine prima, z. B. gemeinsame und regelmäßige Rituale wie Spieleinheiten, “Leckerchenrunden” und „Kuscheleinheiten“ sind wichtig.
Genügend Rückzugs-und Beobachtungsplätze sollten sie ebenfalls zur Verfügung haben.
Viele dieser Katzen mögen gerne Körperkontakt zum Menschen

Mit sogenannten “Ankündigungssignalen” zu arbeiten ist sehr hilfreich für die Katzen.

Bedeutet, ihr kündigt der Katze an was ihr vorhabt. Ihr könnt euch ankündigen bevor ihr z. B. den Raum betretet, in dem die Katze sich gerade aufhält und/oder schläft. Das gibt ihr Sicherheit.
Da diese Katzen ja leider nicht hören können, müssen wir uns andere Signale überlegen. Handzeichen, oder auch alles was über Vibrationen läuft könnt ihr einsetzen.
Ihr könnt z. B. beim Betreten des Raumes mit dem Fuß etwas fester auftreten und abwarten, ob die Katze euch bemerkt.
Damit die Signale zuverlässig bleiben, sollte man diese auch immer benutzen!

Ihr könnt der Katze auch ankündigen, wenn ihr sie streicheln/berühren möchtet. Eine Möglichkeit ist, ihr den Zeigefinger in Sichtweite zu präsentieren und dann erst die Katze berühren. Hierbei ist auch jedes andere Handzeichen denkbar.
Auch könnt ihr der Katze bekannte Schreckauslöser (z. B. das Staubsaugen) ankündigen. Dazu denkt euch ein weiteres Handzeichen aus und präsentiert dieses in Sichtweite kurz bevor ihr mit dem Staubsaugen beginnt.
Zu Anfang hilft ein kleines Notizbuch, um sich die ausgewählten Handzeichen für bestimmte Situationen zu merken. Und zu Beginn verwendet eher wenige Handzeichen, damit ihr und eure Katze nicht durcheinander kommt.
Man braucht natürlich viele Wiederholungen, damit die Katze die Handzeichen sicher deuten kann, und auch wirklich weiß was gemeint ist.

Positive Bestärkung:

Ihr könnt prinzipiell jedes Verhalten der Katze belohnen, welches euch gefällt, oder wenn ihr findet, dass sie etwas gut gemacht hat. Bei gehörlosen Katzen ist ein Lobwort nicht möglich, aber ihr könnt Leckerchen einsetzen oder auch mit kurzen Berührungen – sofern die Katze Berührungen schätzt – belohnen.
Belohnt „bedürfnisgerecht“! Das bedeutet, ihr überlegt euch, was die Katze in diesem Moment gerade als Belohnung empfinden könnte.

Clickertraining ohne das “Click-Geräusch”, die besondere Herausforderung:

Das Tolle an diesen besonderen Katzen: Sie beobachten alles um sich herum sehr genau und probieren sehr viel in Eigeninitiative aus.
Da bietet sich das Training zur Beschäftigung und Vertrauensbildung an.
Auch beobachten sie “ihre Menschen” sehr genau und können Stimmungen am Gesicht der ihnen bekannten Menschen ablesen – da bin ich mir sicher.
Das hilft uns beim Training!
Da ihr nicht mit einem Markergeräusch (z. B. dem Click) arbeiten könnt, wäre als erster Gedanke ein Lichtsignal (z. B. mittels Taschenlampe) oder auch ein Fingerzeig als Markersignal vorstellbar.

Meiner Erfahrung nach, hat das mehrere Nachteile:

  • umständliches Handling, man muss darauf achten, dass die Katze das Licht- oder Handzeichen in genau dem Moment sieht, in welchem das erwünschte Verhalten gezeigt wird
  • viele Katzen reagieren auf Licht (besonders wenn es sich bewegt) häufig erregt
  • ihr benutzt vielleicht schon einige Handzeichen als Ankündigungssignale

Ihr könnt versuchen, nur mit den Belohnungen (das was die Katze motiviert etwas zu tun) zu arbeiten. Dazu versucht ihr, der Katze sehr schnell bei einem erwünschten Verhalten die Belohnung anzureichen.
Da gehörlose Katzen ihre Menschen in der Regel sehr genau beobachten, werden auch „Tricks“ recht schnell gelernt, trotz fehlendem Markersignal.

by Adriane Schulz