Katzen, die Freigang haben, genießen oft einen deutlich anregenderen Alltag als ihre auf Haus oder Wohnung begrenzten Artgenossen.
Die Sinne von Freigängern werden durch Reize angesprochen, z. B. Gerüche von anderen Katzen, Moos oder Teer unter den Pfoten, Beobachtung der Umgebung und von anderen Lebewesen) und sie finden häufig viele kleine und große Anlässe für Erkundungsverhalten:
Wonach riecht dieser Halm? Wer ist hier vorbei gekommen? Was bewegt sich dort hinten unter der Hecke?
Die Katze bekommt die Gelegenheit, ihre Jagdkünste auszuleben, durch das Revier zu streifen, zu klettern, zu balancieren oder sich unter einer Hecke einzurollen. Außerdem muss eine Freigängerin sich draußen auch mit fremden Menschen, Hunden, anderen Katzen und anderen Unbekannten auseinandersetzen – im Guten wie im Schlechten. Das Freigängerleben birgt also das Potenzial, Katzen körperlich, sinnlich und kognitiv wunderbar auszulasten. Wenn es gut läuft, findet draußen das volle Leben statt und drinnen bei ihren Menschen findet die Freigängerin einen sicheren Rückzugsraum, wo gekuschelt, geschlafen, gefuttert werden kann und die Freigängerin sich regeneriert.
Was aber, wenn die Umstände ein solches optimales Freigängertum gar nicht zulassen? Wenn die Katze zwar Freigang hat, sich dabei aber nicht nach ihren individuellen Vorlieben und Talenten entfalten kann? Sehr viele Katzen leben heutzutage in dicht von Menschen besiedeltem Raum, der für Katzen keine besonders ursprüngliche Lebensumgebung darstellt. Mit Einschränkungen ist zu rechnen, wenn zeitweise oder dauerhaft
- (neue) Nachbarkatzen die Unversehrtheit bedrohen
- eine hohe Katzendichte in der Umgebung die Reviergröße beeinträchtigt
- Gärten eher modern statt urig gestaltet werden und wenig Tarnung und Leben bieten
- die Gegend wegen Insekten- und Beutetiermangel eher langweilig ist
- keine Felder und Wälder Teil des Reviers sind
Und für alle Freigänger, egal ob in der Stadt oder auf dem Land, kann das Wetter natürlich mit Nässe, Kälte und Wind einige Widrigkeiten bereitstellen.
So kann es passieren, dass in der modernen Katzenhaltung Idee und Realität aufeinanderstoßen: die Idee „Meine Katze kann ja raus, wenn sie will, und sich da beschäftigen. Von mir als Halterin braucht sie nicht viel Engagement“ trifft auf die Realität in Form einer gelangweilten, unausgelasteten, verängstigten oder frustrierten und vor allem bedürftigen Freigängerin mit Wunsch nach Aufmerksamkeit, Spiel, Action und Gesellschaft.
Wie kann man als wohlmeinende Katzenhalterin mit dem Herz am rechten Fleck seiner verhinderten Freigängerkatze nun helfen? Natürlich mit herkömmlichen Beschäftigungsangeboten drinnen: gemeinsame Spieleeinheiten, Futterpuzzle, Tricktraining, Erkundungsanregungen u. ä..
Ich möchte hier jedoch vor allem dazu anregen, die Katze in ihrem Freigang zu unterstützen und es ihr zu erleichtern, so viel angenehme Zeit wie möglich draußen zu verbringen. Dies kann auf unterschiedlichen Ebenen gefördert werden: katzengerechte Gestaltung der Umgebung, Begünstigung von Erkundungs- und Spielverhalten sowie gemeinsame Aktivitäten. Wie kann so etwas aussehen?
Unterstützung für Freigänger
Gestalte freie Flächen möglichst umfangreich um, so dass ganz viele Tarn- und Erkundungsstationen entstehen. Dies kann mit Hilfe von Kübeln, Holzklötzen, großen Steinen oder Sitzmöbeln erfolgen. Und noch schöner: lege Bereiche mit hochgewachsenem Gras, Stauden, Büschen, Baumstämmen, Erdhügeln usw. an.
Falls auf dem Nachbargrundstück verfeindete Katzen leben: Etabliere möglichst viel Sichtschutz (z.B. mit Sichtschutzzäunen) zwischen den Grundstücken und versuche, die kurzen Wege zuzumachen. Je weniger die Streithähne sich sehen und je komplizierter es ist, den anderen angreifen zu können, desto besser.
Schaffe Aufenthaltsplätze für deine Katze, die ihr Regen-, Kälte- und Windschutz bieten können. Neben Auflagen auf den Gartenmöbeln auch in der kalten Jahreszeit könntest du dabei z.B. an Zugang zu Gewächshäusern oder eine extra für deine Katze bereitgestellte und nach oben regengedeckte Holzkiste unter einem Rhododendronbusch. Behalte für den Winter dabei auch gerade den Wärmeschutz nach unten im Blick – die Holzkiste könnte z.B. auf einem Stück einer alten Isomatte stehen.
Gehe so oft wie möglich zusammen mit deiner Katze nach draußen! Dies ist für menschenbezogene Katzen natürlich ohnehin angenehm, aber besonders profitieren unsichere Katzen davon. Sie trauen sich oft (zeitweise) überhaupt nur in Begleitung hinaus und bleiben dann auch länger draußen als allein. Im Übrigen ist die Nutzung der Katzenklappe, um hinauszugelangen, für viele Katzen ein großes Wagnis, weil sie von innen die Umgebung auf der anderen Seite nicht ausreichend sichern können und sich beim Durchgehen äußerst verwundbar machen. In solchen Fällen ist „Tür-Service“ seitens des Menschen empfehlenswert – je mehr Sicherheit die Katze wieder gewinnt, desto eher wird sie sich auch wieder eigenständig durch die Katzenklappe trauen.
Viele Katzen lieben es, wenn ihre Menschen mit ihnen spazieren gehen. Dabei darf die Katze natürlich keinen Risiken durch Hunde oder Autos ausgesetzt werden. Aber mit Katzen kann man auch gut im Garten spazieren gehen: Ein aus Menschensicht etwas langweiliges Hinundhergehen auf dem Grundstück oder Runden ums Haus können große Verzückung auslösen bei der begleitenden Katze. Lass dich unbedingt auch von ihr führen – wo möchte sie mit dir hin?
Sofern sich die Katze draußen gerade sicher fühlt, freut sie sich unter Umständen auch über ein Spielangebot in der Natur: Moosbröckchen, lange Grashalme, alte Vogelnester, Heubüschel, Weidenruten, Tannenzapfen sind ein beliebter Ersatz von Spielmaus und -angel – und es gibt dabei viel mehr Platz zum Springen und Rennen als in einem Zimmer.
Grüße von Monty
Schließlich möchte ich die absoluten Highlights meines Katers Monty teilen: Bereiche mit lockerer Erde ohne durchgängigen Bewuchs, gerne frisch umgegraben, regen ihn zu wildesten Buddelspielen an. Hinter Stauden lauert er, um dann „überraschend“ hervorzuspringen. Hochgewachsenes Gras nutzt er sowohl für irres Spiel, aber auch für ein geschütztes Nickerchen. Und ich weiß nicht, wie oft ich mit Monty schon auf dem Grundstück umhergelaufen bin: An manchen Tagen begleitet er mich dann einfach ruhig, oftmals lädt ihn das jedoch zu wildesten Galoppierspielen und zum Baumerklettern an. Ganz großes Kino ist es für Monty, wenn ich mit der Gießkanne kleine Pfützen und Mini-Wasserfälle erzeuge, die er beobachten und bepföteln kann.
Um uns beiden diese herzerwärmenden Situationen zu ermöglichen, braucht es für Monty regelmäßig auch geduldige Schutzbegleitung: Nach für ihn stark ängstigenden Angriffen durch den Nachbarkater traute er sich in der Vergangenheit oft über Tage oder Wochen nur in Begleitung hinaus. Im Sommer ist das für mich natürlich leicht zu leisten. In der kalten Jahreszeit mummele ich mich dick ein und nutze diese dann eher action-armen gemeinsamen Draußenaufenthalte für kleine Gartenarbeit, überfällige Telefonate oder höre Podcasts. Oftmals tut mir die frische Luft gut und ich werde vor allem dadurch belohnt, dass ich beobachten kann, wie Monty nach und nach wieder mutiger und fröhlicher wird.
In diesem Sinne wünschen Monty und ich dir und deiner Katze viele schöne, unterhaltsame, kreative und vor allem gemeinsame Stunden draußen.